Am 5. August protestierte Rostock hilft e.V. mit vielen zivilgesellschaftlichen Akteur*innen in Warnemünde gegen die AfD und rassistische und menschenfeindliche Politik in Europa. Hier erfahrt ihr mehr zu den Hintergründen und den Rahmenbedingungen des Protests.
Bericht von der Demo
Bei der Demonstration am Sonntag in Warnemünde haben wir bis zu 1200 TeilnehmerInnen gezählt. Zum internationalen Fest im DockInn kamen etwa 300 Gäste. Die Stimmung beim internationalen Fest war durchweg positiv. Es wurde getrommelt, gemeinsam Schilder für die Demonstration gemalt und der Musik der Les Bumms Boys und Band Krogmann gelauscht. Auffällig war schon beim Fest die unnötige und überhöhte Präsenz der Polizei. Laut vorherigen Absprachen fühlte diese sich eigentlich für das Fest nicht zuständig. Tatsächlich waren sie schon vor Beginn des Festes vor Ort, durchgehend standen 5-10 „KonfliktmanagerInnen“ (arbeitslos, denn ohne Konflikte) und volluniformierter Beamte direkt vor dem Hotel. Darüber hinaus waren während des Festes Zivilpolizisten in den Räumlichkeiten anwesend, und auch volluniformierte Beamte liefen ins Festgeschehen. (Zur Kritik am Verhalten von Polizei Behörden mehr im Absatz „Warum keine Demo von Rostock Nazifrei als Anmelderin?“).
Bunt und laut zogen wir gemeinsam vom DockInn zum Kirchenplatz in Warnemünde. In einem Redebeitrag der Aktion Seebrücke wurden Hintergründe der Aktion erklärt und deutlich gemacht, dass es Zeit dafür wird, dass Bürger*innen ihre Stimmen gegen die tödliche europäische Abschottungspolitik erheben. Es fand eine Schweigeminute für die bisher mehr als 1500 dokumentierten Toten im Mittelmeer im Jahr 2018 statt. Während der Demonstration schlossen sich zunehmend Passant*innen dem Zug an, sodass bei der Abschlusskundgebung etwa 1200 Demonstrant*innen den AfDlern gegenüberstanden. Die Polizei gab für die heutigen Gegenproteste etwa 500 Teilnehmende an. Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern fällt wiederholt durch extrem schlechtes Zählen auf.
Damit war der Protest für Vielfalt und Solidarität circa vier Mal so stark wie die AfD. Bei guter Musik wurde getanzt und der AfD gezeigt, dass sie sind, was sie sind: Eine kleine krakeelende Minderheit.
Hier gab es einen Auftritt des Rostocker Musikers Ostmaul. Daneben hat Rostock Nazifrei in einem Redebeitrag noch einmal dargestellt, warum sie heute keine Demonstration angemeldet haben.
Warum keine Demo von Rostock Nazifrei als Anmelderin?
Die vergangenen Proteste gegen die AfD hatte Rostock Nazifrei angemeldet. Das Bündnis, das in Rostock traditionell seit mehreren Jahren aktiv gegen Rassist*innen und Neonazis auf die Straße geht, hatte sich diesmal gegen die Organsiation entschieden, da Ordnungsamt und Polizei dem Bündnis immer wieder Steine in den Weg legten. Die Gründe dafür legte Rostock Nazifrei im Einzelnen in einem Redebeitrag beim Protest dar. Der Redebeitrag wird in Kürze hier veröffentlicht.
Rostock hilft steht klar hinter diesem Statement von Rostock Nazifrei gegenüber der Hansestadt Rostock. Rostock hilft versteht sich weiterhin als aktive Bündnispartnerin in Rostock Nazifrei. Dennoch erachteten wir es als sinnvoll, am 5. August Protest in Warnemünde zu organisieren.
Warum eine Demo von Rostock hilft?
Urspünglich war die Motivation für die Organisation einer Demonstration, dass Rostock hilft einen Rahmen für Protest bieten wollte, der unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit steht. Dieser sollte als Anlaufpunkt für Geflüchtete, Bürger*innen und Menschen dienen, die ihrer Solidarität und offenen Haltung Ausdruck im Rahmen einer Demo verleihen wollen.
Innerhalb kurzer Zeit stellte sich heraus, dass es engagierte Einzelpersonen gibt, die mit vielfältgen Ideen aus 1 Protest viele Proteste machten. So entstand die Idee eines internationalen Brunches vor der Demonstration, eine mobile Fahrrad-Soundanlage schloss sich an und ein Aufruf unter dem Motto der Aktion Seebrücke orangefarben gekleidet zu protestieren wurde initiiert. In ganz Warnemünde wurde für den Protest geworben, Einzelpersonen, Vereine und ansässige Unternehmer*innen schlossen sich an.
Wir freuen uns viele Menschen kennengelernt zu haben, die aktiv sind und die sich einbringen.
Die breite Resonanz, die für den Protest besteht, zeigt, wieviele Menschen für Vielfalt und Solidarität auf die Straße gehen möchten. Unser Protest wird auch in Zukunft nicht am Gegenwind der städtischen Institutionen scheitern. Wichtig ist: Jede Idee ist wichtig, breit aufgestellter Protest ist unsere Stärke.
Vielfalt und Solidarität – Das Motto
Mit dem Motto „Für Vielfalt und Solidarität“ möchten wir deutlich machen, dass unser Protest stets auch Anteil nimmt am Protest der Menschen, die aus Ländern fliehen mussten, in denen sie gegen autokratische und menschenverachtende Regime gekämpft haben. Solidarischer Protest steht immer auch für das Streben nach Freiheit und den Kampf für das Leben als globale Bewegung.
Mit dem Untertitel „ – gegen Rassismus“ wenden wir uns gegen rassistische und menschenfeindliche Ideologien, auf denen die deutsche und europäische Asylpolitik derzeit fußen.
Die AfD steht für einen blau-braunen Einheitsbrei aus rückwärtsgewandten strengkonservativen Ideen. Doch die AfD ist nur die Spitze des Eisbergs. Seenotrettung im Mittelmeer wird kriminalisiert, die Bundesregierung arbeitet mit Diktatoren außerhalb Europas zur sogenannten >Migrationskontrolle< zusammen, baut >Transit<- und >AnkER< – Zentren (auch wenn sie mancherorts anders heißen) um Menschen abzuweisen und zu isolieren und kümmert sich kaum noch um die Stimmen von Millionen Menschen, die sich solidarisch für Bewegungsfreiheit einsetzen.
Diese Stimmen werden wir immer wieder sichtbar und hörbar machen! Dafür steht unser Protest.
Rostock – bunt und vielfältig?
Im Vorfeld zur Demonstration wurde deutlich, dass diese Haltung keineswegs selbstverständlich ist in den Strukturen der Hansestadt. Proteste gegen Rassismus sind in Rostock keineswegs kommunale, sondern immer wieder zivilgesellschaftliche Leistungen. Dahinter steht großes Engagement einzelner Vereine, Initiativen und Menschen. 26 Jahre nach Rostock-Lichtenhagen arbeitet die Stadt zwar an einem „weltoffenen“ Image. Wie wenig einzelne Vertreter*innen städtischer Insitutionen dies aber durchdacht haben, wurde an verschiedenen Stellen deutlich.
- So erklärte der Vorsitzende des Ortsbeirats es öffentlich für „taktisch gut“ sich nicht am Protest für Vielfalt und Solidarität zu beteiligen. Den Protest rückte er in ein schlechtes Licht, indem er andeutete es könnten Steine fliegen. Woher diese Vermutung kommt, bleibt völlig unklar. Es entsteht der Eindruck als sollte der Protest deligitimiert werden.
- Das Ordnungsamt und die Polizei bestanden auf einen Abstand zwischen AfD und Gegen-Protest von etwa 100 Metern. Protest in Hör- und Sichtweite, wie er in anderen Städten Usus ist, sieht anders aus. Tatsächlich verzählte sich die Polizei auch bei den 100 Metern Abstand um knapp weitere 100 Meter, sodass der zivilgesellschaftliche Protest etwa 200 Meter von der AfD-Kundgebung entfernt stand.
- Auch mit einem Statement des Rostocker Oberbürgermeisters, wie andernorts üblich, gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit ist wiederholt nicht zu rechnen.
Währenddessen wirbt die AfD öffentlich mit Lautsprecherdurchsagen auf Rädern in ganz Rostock für ihre Demonstration. Insbesondere in den Stadtteilen, in die in den vergangenen Jahren viele Asylsuchende gezogen sind, ist dies als Einschüchterungsversuch zu verstehen. Hier wird „Revier markiert“.
Protest, der von der Zivilgesellschaft getragen wird, ist richtig und nötig. Behördliches Handeln oder insitutionalisierte Äußerungen können niemals das Engagment und vielfältige Statements einer breiten Bevölkerung ersetzen. Dennoch erwarten wir von städtischen Strukturen, dass sie dieses Engagement nicht behindern.
Seebrücke: Orange protestieren
Kurzfristig rief Rostock hilft e.V. dazu auf, auf der Demo orange Kleidung zu tragen. Orange ist das Symbol der Aktion Seebrücke (seebruecke.org), einer europaweite Bewegung, die sich gegen die tödliche Politik der europäischen Grenzabschottung wendet.
Mit der Integration der Aktion Seebrücke in die Demo möchten wir deutlich machen, dass es bei solidarischem und antirassistischem Protest niemals nur um Einzelphänomene wie eine einzige AfD-Demo gehen kann. Seebrücke steht für Humanität und für die Menschenrechte als Handlungsmaximen in einer Welt, in der Menschen immer mobiler werden.
Das Sterben im Mittelmeer berührt all jene besonders, die das Risiko der Überfahrt hinter sich gebracht haben und all jene, die die Geschichten der Überlebenden kennen. An den Seenotrettungseinsätzen verhandeln wir aktuell eine europäische Politik, die entweder den Rückzug in nationale Kategorien bedeuten wird oder Menschen die Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Leben in Sicherheit und Würde einräumt.
Vielen Dank, Ihr Lieben! Das war ein wirklich ganz wundervoller Protestblumenstrauß gestern – viele bunte Menschen jeden Alters, tolle Musikauswahl, leckerer Brunch, die Möglichkeit, vor Ort Schilder zu basteln. Wie gut, dass wir uns nicht von der Panikmache im Vorfeld haben abschrecken lassen. Und tausend Dank für Eure Mühe!!!
So muss das!